Das Unternehmen, ein mittelständischer Betrieb aus dem Bereich Automobilzulieferung, Komponentenfertigung und Beregnungsanlagen, war im Rahmen eines Ausgleichsverfahrens mangels Liquidität von einem Industriellen zur Sanierung und Neuausrichtung übernommen worden.
Der neue Eigentümer war bereit, für einen zeitlicher Horizont von zwei Jahren das Unternehmen fortzuführen und zu finanzieren. Der Turnaround musste in anderthalb Jahren geschafft werden.
Ziel war die langfristige Stabilisierung der Liquidität und eine dazu notwenige strategische Neuausrichtung des Unternehmens sowohl hinsichtlich der bestehenden als auch dem Aufbau neuer Geschäftsfelder.
Darüber hinaus sollten Synergien des neu erworbenen Unternehmens mit den anderen Unternehmen des Eigentümers geschaffen und genutzt werden. Das neue Unternehmen passte gut in das Portfolio und wichtige Produktionsschritte konnten nun im eigenen Unternehmensverbund durchgeführt werden.
Reorganisation der Liquidität und strategische Neuausrichtung
1. Situationsanalyse: vom Gesamtbild zum Detail – Schwerpunkt Liquidität und Cashflow
Die Situationsanalyse war in diesem Fall rasch erledigt, da aus den Unterlagen zum Ausgleich Verfahrens bereits eine solide Datenbasis vorlag und die Sachlage eindeutig war:
Zu geringe Umsätze, damit einhergehend zu hohe Kosten, zu lange Durchlaufzeiten in der Fertigung, ein zu hohes Rohstoff- und Warenlager mündeten in eine zu hohe Kapitalbindung und damit in fehlende Liquidität.
Das Festhalten an alten Vorstellungen und Modellen, zu geringe Flexibilität zu raschen und konsequenten Anpassungen an sich verändernde Entwicklungen haben das Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht. Die Organisationsstruktur war seit Jahren unverändert.
Am Markt hatte sich einiges verändert, aus dem Ausland waren neue Konkurrenten in den Markt vorgedrungen und boten ihre Produkte weit günstiger an.
Die Rohstoffpreise waren sehr volatil, inländischer Stahl sehr teuer, Italien, China boten weit günstigere Einkaufspreise. Man hielt aber an gewohnten Strukturen fest.
2. Unternehmensstrategie: Entwicklen, Anpassen und Optimieren
Das Ausgleichsverfahren ist naturgemäß ein Neustart und erzwingt nicht effiziente Prozesse über Bord zu werfen und sich neue Strategien und Abläufe zu überlegen.
Dennoch war die Ausgangssituation aufgrund der angespannten Liquidität nicht einfach. Dem Unternehmen wurden zwar teilweise Verbindlichkeiten im Rahmen des Ausgleichs erlassen, die Kreditwürdigkeit und damit der Zugang zum Kapitalmarkt war aber sehr eingeschränkt.
Einen positiven Cashflow sicherzustellen, kam daher eine besondere Bedeutung zu.
Mit dem Eigentümer wurden folgende strategischen Bereiche und Maßnahmenpakete definiert:
- Priorität 1 Stabilisierung der Liquidität
- Liquidität durch Eigenkapital Eigentümer,
- Weiterführende Verhandlungen mit Gläubiger und Banken,
- Liquidität durch Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital
- Vermögensreserven: Sale-and-Lease-back für Maschinen und Anlagen, Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen, Grundstücke
- Priorität 2 Optimierung der Fertigung und der Durchlaufzeiten
- Senken der produktiven und administrativen Kosten, Hauptaugenmerk auf Overheadkosten, Personalmaßnahmen
- Lageroptimierung: Roh-, Halb- und Fertigteillager, Umstellung auf zeitnahe Anlieferung von Rohmaterialien und Halbfabrikaten, Just in Time Auslieferung bei Automobilindustrie
- Verkürzung der Durchlaufzeiten in der Produktion
- Priorität 3 Organisation Vertrieb und administrativer Bereich
- Straffung und Neuausrichtung des Vertriebs und Aufbau eines Bonussystems
- Make or Buy Entscheidungen: Outsourcing von nicht betriebskritischen Prozessen, Konzentration auf Kernprozesse
- Forderungsmanagement: Mahn- und Inkassowesen, Factoring Optionen prüfen
- Fuhrpark verkleinern, Fuhrpark Management prüfen
3. Design / Re-Design Organisation, Prozesse, Ressourcen und Budgets
Mit den Banken konnte mit Hilfe des neu entwickelten strategischen Konzepts eine Fortführung sichergestellt sowie ein strategischer Lieferant als Minderheitspartner gewonnen werden. Dies konnte durch eine für ihn bessere und planbare Auslastung über Synergieprozesse erzielt werden, Eine Win/Win Situation für beide Seiten.
Konsequentes Cost-Cutting in allen operativen und administrativen Bereichen, Outsourcing von strategisch nicht wichtigen Zwischenfabrikaten und Prozessen (zB Betriebsküche samt Anlagen, Outsourcing Fuhrpark Management), sowie Abverkäufe von Altlagerprodukten waren erste Erfolge und schafften die vorerst einmal erforderliche Liquidität, um die restlichen Themen gezielt angehen zu können.
4. Entscheiden, Organisieren, Umsetzen
Die neue strategische Ausrichtung wurde in den Folgemonaten weiter konsequent umgesetzt und in die Organisation integriert und stabilisierte zunehmend die Liquiditätslage.
Alle beteiligten Prozesse wurden angepasst und optimiert, Ressourcen und Budgets neu verteilt. Im Bereich der Verzinkungsprozesse für Beregnungsanlagen konnten erhebliche Synergien zwischen den Schwesterunternehmen erzielt werden.